Rückschau “Öffentliche Beschäftigungsförderung / SGB II” vom 30.11.2011

Am 30.11.2011 gab es eine gemein­sa­me Sit­zung der Aus­schüs­se „Arbeit …“ und „Sozia­les …“ zum The­ma öffent­li­che Beschäf­ti­gungs­för­de­rung mit Ver­tre­te­rIn­nen des Job-Cen­ters Bre­men-West, der Arbeit­neh­mer­kam­mer Bre­men und des Sena­tors für Arbeit. Eini­ge wich­ti­ge und zum Teil für den Aus­schuss auch neue Erkenntnisse:

Die öffent­li­che Beschäf­ti­gungs­för­de­rung über InJobs (oder 1,x‑Euro-Jobs oder AGH-MAE) ist für Men­schen unter 25 Jah­re eher als nega­tiv zu beur­tei­len. Grund: Es gibt eher kei­nen Über­gang in eine Aus­bil­dung oder Arbeit auf dem ers­ten Arbeits­markt. Es kann der Effekt ein­tre­ten, das die Men­schen erst­mal zufrie­den sind (“ich hab was”),  was Ihnen auf län­ge­re Sicht aller­dings nicht wirk­lich wei­ter­hilft. Daher kann die Vor­ga­be, u25jährigen sofort unbe­dingt ein Ange­bot machen zu müs­sen, auch zu einer Art “Aktio­nis­mus” führen.

Die neu­en För­der­be­din­gun­gen für AGH-E-Stel­len (sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Stel­le) sehen vor, das 25 % der Kos­ten vom Trä­ger selbst erlöst wer­den müs­sen. Das dürf­te bei vie­len heu­ti­gen Stel­len nicht mög­lich sein. Im Zuge der auch im Jahr 2012 wei­ter redu­zier­ten Bun­des­mit­tel wer­den aber ohne­hin sehr vie­le AGH‑E Stel­len aus­lau­fen, so dass es 2013 nur noch weni­ge Ange­bo­te gibt.

Eine AGH-E-Stel­le kos­tet unge­fähr 1.300 Euro. Ein InJob schlägt mit ca. 200 Euro Mehraufwandsentschädigung/Fahrtkostenersatz und ca. 300 Euro für den Trä­ger zu Buche. Durch den Weg­fall der AGH-E-Stel­len kann die Anzahl der InJob’s 2012 sta­bil gehal­ten wer­den. Evtl. heu­ti­ge über AGH‑E finan­zier­te Anlei­ter­stel­len müs­sen zukünf­tig über die Trä­ger lau­fen. Dafür fällt der Qua­li­fi­zie­rungs­an­teil der bis­lang aus den 300 Euro für den Trä­ger geleis­tet wer­den muß, weg. Ver­bes­se­rungs­po­ten­ti­al bei den Trä­gern wird bei Anlei­ter­per­so­nal mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund gesehen.

Bei den vor­ge­tra­ge­nen Sta­tis­tik­da­ten ist zu berück­sich­ti­gen, das das Job­cen­ter West für die Post­leit­zah­len 28237, 28239 und 28219 zustän­dig ist und damit die Daten über den sonst in der Sta­tis­tik aus­ge­wie­se­nen Grö­pe­lin­ger Daten hinausgehen.

Letzt­lich wur­den im Jahr 2011 vom Job­cen­ter West ca. 1.000 Men­schen wie­der in Arbeit inte­griert. Ca. 2.800 Men­schen wur­den in InJobs, AGH-E-Stel­len, Aus‑, Um- und Wei­ter­bil­dung ver­mit­telt. Die Daten bestä­ti­gen aber letzt­lich den schon hier am 20.11.11 ver­mu­te­ten Umstand, das ca. die Hälf­te der arbeits­lo­sen SGB-II-Emp­fän­ger offen­bar nicht „ange­fasst“ wurden.

Bei der Umstel­lung der Sozi­al­ge­setz­ge­bung war ein­mal für unter 25jährige ein Betreu­ungs­fak­tor von 1:75 und dar­über 1:150 vor­ge­se­hen. Offi­zi­ell wird die­ser Betreu­ungs­schlüs­sel heu­te auf alle Mit­ar­bei­ter des Job-Cen­ters incl. Leis­tungs­ab­tei­lung und Ver­wal­tung aus­ge­dehnt und so der 1:150-Schlüssel in etwa erreicht. Tat­säch­lich hat ein Fall­ma­na­ger aber ca. 350 Men­schen bei den über 25jährigen zu betreu­en – bei den unter 25jährigen liegt er drun­ter. D.h., jeder Fall­ma­na­ger kann sich im Schnitt mit jedem Kun­den alle 3 Mona­te ca. eine Stun­de befas­sen, was natür­lich alles ande­re als aus­rei­chend ist. Um trotz­dem Arbeits­er­fol­ge erzie­len zu kön­nen, ist der Fall­ma­na­ger gezwun­gen, zu selek­tie­ren. Damit fällt zwangs­läu­fig eine gro­ße Anzahl an Kun­den durch das Ras­ter und hat mehr oder weni­ger nur mit der Leis­tungs­ab­tei­lung des Job-Cen­ters zu tun.

Das Job-Cen­ter teilt sei­ne Kun­den in 6 ver­schie­de­ne Pro­fi­le ein. Dabei unter­schei­det sich die Kun­den­zu­sam­men­set­zung des Job-Cen­ters West deut­lich von der z.B. des Job-Cen­ters Mit­te. Der Anteil der Kun­den im „Mark­pro­fil“ (= ohne Pro­ble­me auf den ers­ten Arbeits­markt ver­mit­tel­bar) ist rela­tiv gering, dafür ist der Anteil „Sta­bi­li­sie­rungs­pro­fil“ rela­tiv stark vertreten.

Beson­ders stark ist das Sta­bi­li­sie­rungs­pro­fil im Bereich der unter 25jährigen. Hier gibt es eine Rei­he von bis­he­ri­gen „Lebens­ent­täu­schun­gen“ – z.B. kein Aus­bil­dungs­platz oder kein Schul­ab­schluss. Die rot-grü­ne Lan­des­re­gie­rung hat durch ent­spre­chen­de Fak­to­ren für die Mie­te fest­ge­legt, das bei Ein­tritt in das SGB-II nie­mand aus einer ange­mes­se­nen Woh­nung in einen Stadt­teil mit nied­ri­ge­rem Miet­ni­veau umzie­hen muss. Kommt aber z.B. jemand aus dem Jugend­ge­fäng­nis, so gilt dies natür­lich nicht. So ergibt sich gera­de in Grö­pe­lin­gen ein hoher Anteil jun­ger Men­schen mit Sucht- und/oder Kri­mi­na­li­täts­er­fah­rung. Beson­ders gelobt wur­de in die­sem Zusam­men­hang das Nahl­os-Pro­jekt.

Aller­dings soll es so sein, das jeder “der wirk­lich will”, im Jahr 2011 auch die sinn­vol­le Unter­stüt­zung aus dem Qua­li­fi­zie­rungs­bud­get erhal­ten hat. “Sinn­vol­le Unter­stüt­zung” des­halb, da es auch Kun­den gibt, die z.B. einen InJob nicht durch­ge­hal­ten haben aber dann einen Umschu­lungs­wunsch haben oder meh­re­re Umschu­lun­gen bereits abge­bro­chen und einen neu­en Wunsch äußern. Daher ist es sicher sei­tens des Fall­ma­nage­ments auch not­wen­dig, kri­tisch zu prüfen.

Bzgl. der InJobs wur­den auch die unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen her­aus­ge­ar­bei­tet. Z.B. ist der Quar­tiers­ser­vice in Grö­pe­lin­gen mit sei­ner Umweltpflege/Müllsammlung eine ganz wich­ti­ge Arbeit für den Stadt­teil. Man kann aller­dings die Ansicht ver­tre­ten, das dies eigent­lich Auf­ga­ben vom Umwelt­be­trieb wären, sich die Stadt der Arbeit ent­le­digt hat und so mit zum Lohn­dum­ping bei­trägt. Wenn man aller­dings die­se rela­tiv ein­fa­chen Arbei­ten kon­se­quent als städ­ti­sche Arbeits­plät­ze füh­ren wür­de, so gäbe es kei­ne Tätig­kei­ten, in die man Men­schen wie­der an den ers­ten Arbeits­markt her­an­füh­ren könn­te (regel­mä­ßig und pünkt­lich arbei­ten, in ein Team ein­ord­nen etc.). Lei­der ist die Bereit­schaft in den Fir­men am ers­ten Arbeits­markt dazu auch nicht so vor­han­den. Damit gäbe es dann letzt­lich weni­ger Durch­läs­sig­keit in den ers­ten Arbeits­markt für Men­schen z.B. im Stabilisierungsprofil.

Zur nächs­ten Bei­rats­sit­zung soll ein Beschluss­vor­schlag des Bei­rats vor­ge­stellt werden.

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