Aus gegebenem Anlass: Der Islam gehört zu Gröpelingen – und ein Gebetsruf zur Moschee

Anläss­lich der Unmög­lich­keit, wäh­rend des Rama­dan zum Gebet zusam­men zu kom­men, haben die bei­den gro­ßen Moscheen Grö­pe­lin­gens, Mev­la­na- und Fatih-Moschee, dar­um gebe­ten, den öffent­li­chen Gebets­ruf zu geneh­mi­gen. Die Frak­ti­on der Grü­nen im Bei­rat Grö­pe­lin­gen hat sich dafür aus­ge­spro­chen: Es ist längst über­fäl­lig, dass die bei­den Grö­pe­lin­ger Gemein­den ganz nor­mal wie alle ande­ren reli­giö­sen Gemein­schaf­ten mit ihren Riten und reli­giö­sen Tra­di­tio­nen im Stadt­teil prä­sent sind.

Mit­te der 90er Jah­re über­nahm der in Grö­pe­lin­gen auf­ge­wach­se­ne und ehe­ma­li­ger Bre­mer Bür­ger­meis­ter Hans Koschnick eine unmög­li­che Mis­si­on: Er soll­te für die vom Krieg zer­ris­se­ne Stadt Mostar wie­der eine gemein­sa­me zivi­le Ver­wal­tung auf­bau­en. Koschnick kam in eine zer­stör­te Stadt, in der sich mus­li­mi­sche und kroa­ti­sche und ser­bi­sche Mili­zio­nä­re bekämpf­ten. Nur weni­ge Jah­re vor­her war Mostar zwar kein Para­dies – aber eine Stadt, in der ser­bisch-ortho­do­xe, römisch-katho­li­sche, mus­li­mi­sche Men­schen und auch Athe­is­ten fried­lich zusam­men leb­ten. Gebets­ru­fe von Mina­ret­ten und Glo­cken­ge­läut misch­ten sich mit dem nor­ma­len Lärm der Stadt. Mostar war das kul­tu­rel­le und wirt­schaft­li­che Zen­trum der Her­ze­go­wi­na und der Reich­tum Mostars war sei­ne Viel­falt. Erst der im Jugo­sla­wi­en­krieg mobi­li­sier­te fana­ti­sche Natio­na­lis­mus zer­stör­te das fried­li­che Zusam­men­le­ben die­ser ver­schie­de­nen Grup­pen. Die Zer­stö­rung der „Alten Brü­cke“ über die Nere­t­va wur­de zum Sym­bol die­ses sinn­lo­sen Krieges.

Als Hans Koschnick nach Mostar kommt, glaubt er fest dar­an, dass Mostar als tole­ran­te und viel­fäl­ti­ge Stadt wie­der erste­hen kann. Viel­leicht hat Koschnick an sei­ne Hei­mat, an Grö­pe­lin­gen, gedacht, das für ihn auch immer ein Ort der Tole­ranz, der Soli­da­ri­tät und des sozia­len Mit­ein­an­ders war. Es ist längst über­fäl­lig, dass auch die Grö­pe­lin­ger Moscheen die Mög­lich­keit haben, zum Gebet zu rufen. Wie die christ­li­chen Kir­chen, gehö­ren auch die Moscheen zum höchst viel­fäl­ti­gen Leben in unse­rem Stadt­teil. Es war und ist eine groß­ar­ti­ge Stär­ke Grö­pe­lin­gens, dass unab­hän­gig von der eige­nen per­sön­li­chen Ein­stel­lung, alle Gröpelinger*innen ihre reli­giö­sen und poli­ti­schen Über­zeu­gun­gen leben kön­nen — so lan­ge nicht ande­re Grup­pen oder Indi­vi­du­en dis­kri­mi­niert oder ange­grif­fen werden.

Eini­ge befürch­ten, der Gebets­ruf kön­ne Men­schen beläs­ti­gen. Ja, das mag sein. Aber für vie­le Gröpelinger*innen wird es eine gegen­tei­li­ge und sehr posi­ti­ve Erfah­rung sein: Ihr Glau­ben, ihre Tra­di­ti­on wird im öffent­li­chen Raum hör­bar und wird respek­tiert. Denn der Islam gehört zu Grö­pe­lin­gen – um ein­mal das Wort des ehe­ma­li­gen Bun­des­prä­si­den­ten Chris­ti­an Wulff (CDU) auf­zu­grei­fen. Die mus­li­mi­schen Gemein­schaf­ten sind kei­ne „Gäs­te“, son­dern sie gehö­ren zu Grö­pe­lin­gen. Und des­halb soll­ten sie auch hör- und sicht­bar sein. Nur eine respek­tier­te und selbst­be­wuss­te mus­li­mi­sche Gemein­schaft kann ein guter Part­ner sein für das Bemü­hen um eine demo­kra­ti­sche, sozi­al gerech­te Stadtteilgesellschaft.

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