Mobilitäts-Bau-Ortsgesetzes (MobBauOG) eingeführt

Zum 01.10.2022 wur­de das Mobi­li­täts-Bau-Orts­ge­setz (Mob­BauOG) als Nach­fol­ger des Stell­parkorts­ge­set­zes ein­ge­führt. Das hat Aus­wir­kun­gen beim Neu­bau. Dazu ein Beispiel:

Neh­men wir an, jemand baut ein Mehr­fa­mi­li­en­haus mit 10 neu­en Wohn­ein­hei­ten mit jeweils über 40 qm Wohn­flä­che. Nor­mal wür­de man anneh­men, das da min­des­tens 10 allein­ste­hen­de Men­schen ein­zie­hen. Sind es Woh­nun­gen mit 60, 80, 100 qm, könn­ten da auch jeweils 2 Per­so­nen oder gar Fami­li­en mit Kinder(n) ein­zie­hen. Vllt. sind dar­un­ter sogar Dop­pel­ver­die­ner mit jeweils einem wei­ter ent­fern­ten Arbeits­ort der zu errei­chen ist und dann 2 Autos. Man könn­te je nach Woh­nungs­grö­ße über 40 qm hin­aus wohl für die­se 10 neu­en Woh­nun­gen 20 neue Bewoh­ner anneh­men und pro neu­er Woh­nung ein zusätz­li­ches Auto.

Bezie­hen wir uns auf Grö­pe­lin­gen. Das war bis­her der Park­zo­ne II zuge­teilt wor­den und nicht dem Innen­stadt­be­reich mit Park­zo­ne I. Nach dem bis­he­ri­gen Stell­platz­orts­ge­setz griff dort die Rege­lung, das pro Woh­nung bis zu 160 qm 1 Stell­platz her­zu­stel­len ist bzw. ab 4 Wohn­ein­hei­ten bis zu 90 qm 0,8 Stell­plät­ze. Das wären hier also ange­nom­men dann ein Stell­platz­norm­be­darf von 8.  Die­se Stell­plät­ze konn­ten abge­löst wer­den — wenn kei­ne Beein­räch­ti­gung der Park­si­tua­ti­on rund­um zu erwar­ten war.  Dafür wur­den in der Gebiets­zo­ne II 1.500 — 5.000 Euro pro Stell­platz fäl­lig. Des­wei­te­ren konn­ten bis zu 80 % des Stell­platz­norm­be­darfs durch frei­wil­li­ge Mobi­li­täts­maß­nah­men erfüllt wer­den. Das ist z.B. die zeit­lich begrenz­te ver­bil­lig­te Bereit­stel­lung von ÖPNV-Kar­ten für die Haus­be­woh­ner oder die Ein­rich­tung von Car­sha­ring. Also 20 % von 8 = 1,6. D.h. es war mög­lich, das man bei einem Bau­vor­ha­ben mit 10 grö­ße­ren neu­en Woh­nun­gen und ange­nom­men dann 10 neu­en Autos nur 2 Stell­plät­ze tat­säch­lich her­stellt, wovon im Zwei­fel 1 Stell­platz für Men­schen mit Behin­de­run­gen reser­viert sein muss­te. Aber das Gesetz sprach immer von not­wen­di­gen Stell­plät­zen — also dem Mini­mum des­sen was her­ge­stellt wer­den muss. Es war dem Bau­ver­ant­wort­li­chen dem Geset­zes­text nach auch frei­ge­stellt, das er 10 Park­plät­ze für zu erwar­ten­de 10 neue Autos her­stellt. Es ging mit dem Stell­platz­orts­ge­setz in sei­ner Anfangs­de­fi­ni­ti­on dar­um, das der Park­druck mög­lichst nicht anstei­gen sollte.

Das hat sich mit dem Mobi­li­täts-Bau-Orts­ge­setz grund­le­gend geän­dert. Mit dem Gesetz geht es jetzt expli­zit in Teil­be­rei­chen der Stadt um eine Beschrän­kung der Her­stel­lung von neu­en Stell­plät­zen, es geht all­ge­mein um ein Umden­ken weg vom Auto als Fort­be­we­gungs­mit­tel. Blei­ben wir bei dem Bei­spiel mit den 10 neu­en Woh­nun­gen über 40 qm Wohn­flä­che und ange­nom­men 10 neu­en Autos die dadurch in ein Quar­tier kom­men. Nun befin­det sich Grö­pe­lin­gen in der Gebiets­zo­ne III. Kon­kret wur­de die bis­he­ri­ge Gebiets­zo­ne I in einen Alt­stadt­kern I und der bis­he­ri­ge Bereich I dann in II auf­ge­teilt. Es gel­ten in der Gebiets­zo­ne III wei­ter die 0,8 Stell­platz­norm­be­darf, also bei 10 Wohn­ein­hei­ten wie­der ein Stell­platz­norm­be­darf von 8.

In der Gebiets­zo­ne I wird die tat­säch­li­che Her­stel­lung eines Kfz-Park­plat­zes aller­dings zur Aus­nah­me — Vor­rang haben die Ablö­se und das Mobi­li­täts­ma­nage­ment. Je nach Gebiets­zo­ne wird das Mobi­li­täts­ma­nage­ment zur Pflicht — in der Gebiets­zo­ne I zu 75, in Zone II zu 50 und in der Zone III zu 25 %. Ganz “abge­le­ge­ne” Stadt­tei­le wie See­hau­sen oder Block­land sind davon aus­ge­nom­men. Bei dem Bei­spiel-Bau­vor­ha­ben in Grö­pe­lin­gen redu­ziert sich die Anzahl der her­zu­rich­ten­den Stell­plät­ze also von 8 auf 6.  Es gibt jetzt aller­dings den Min­des­ther­stel­lungs­um­fang nicht mehr, d.h. die Stell­platz­pflicht kann voll­stän­dig abge­löst wer­den.  Die Ablö­se­be­trä­ge haben sich in den Bereich von 3.500 — 8.600 Euro erhöht. D.h., es ist auch mög­lich, das tat­säch­lich mit dem genann­ten Bau­vor­ha­ben mit ange­nom­men 10 neu­en Autos nur ein ein­zi­ger neu­er Stell­platz erstellt wird — und zwar expli­zit für Men­schen mit Behinderungen.

Die Maß­nah­men des Mobi­li­täts­ma­nage­ments müs­sen eine Min­dest­lauf­zeit von 5 Jah­ren haben und sol­len im Volu­men min­des­tens 90 % des Ablö­se­be­tra­ges errei­chen — ansons­ten ist die Rest­sum­me abzu­lö­sen. 90 % von 8.600 Euro = 7.740 Euro. Soll­te es zu einem 49 Euro Ticket für den Nah­ver­kehr kom­men, dann könn­te man damit (7.740 / 49 / 12 Mona­te) 13 Jah­re lang ein Nah­ver­kehrs­ti­cket voll­stän­dig bezah­len. Bei einem heu­ti­gen teu­re­rem MIA- oder Job­ti­cket redu­ziert sich die Zeit ent­spre­chend. Dito wenn man eine gewis­se Infla­ti­on einrechnet.

Ob es Bau­wil­li­gen mög­lich ist, auch ÜBER die Anzahl der Stell­plät­ze zu gehen, das wird im Gesetz so nicht geschrie­ben. Der Begrün­dung nach ist das wohl eher nicht gern gese­hen, wie man der Ein­woh­ner­ver­samm­lung zum Bau­vor­ha­ben See­wen­je­stra­ße / Lis­saer Stra­ße ent­neh­men konn­te. Aller­dings wird im Zusam­men­hang mit Park­be­schrän­kun­gen im öffent­li­chen Raum auch immer wie­der vom Bau von Quar­tiers­ga­ra­gen gespro­chen — da müss­te die Her­stel­lung von Park­raum auf Pri­vat­flä­chen ja gewünscht sein, um öffent­li­chen Raum zu ent­las­ten. Das Mob­BauOG spricht eher das Gegen­teil. Es ist ver­wir­rend in der Zielsetzung.

In der Pra­xis wird ein Bau­un­ter­neh­men das Maxi­mum an Gewinn erzie­len wol­len und das spricht dafür, das vor­han­de­ne inner­städ­ti­sche Grund­stü­cke so weit wie mög­lich mit Wohn­raum bebaut wer­den und der Platz für Stell­plät­ze eher gering bleibt. Nimmt man mit Zufahrt und Baum­pflanz­pflicht 20 qm Platz­be­darf für einen Stell­platz an, ent­spre­chen 7.740 Euro Mobi­li­täts­min­dest­kos­ten 387 Euro pro qm. Dann muss man noch die Bau­kos­ten für einen Stell­platz berück­sich­ti­gen und was man alter­na­tiv mit die­ser Flä­che (mehr­ge­schos­sig) machen könn­te. Ergo könn­te der Ver­zicht auf die Her­stel­lung von Stell­plät­zen auch wirt­schaft­lich sein. Es sei denn, die zukünf­ti­gen Bewoh­ner bzw. Käu­fer wol­len expli­zit nur dann kau­fen, wenn sie auch einen Stell­platz mit­kau­fen kön­nen. Das wird der Markt zeigen.

Ein ganz kon­kre­tes Bei­spiel im Stadt­teil ist aktu­ell das klei­ne Rei­hen­haus-Bau­vor­ha­ben an der Oslebs­hau­ser Heer­stra­ße stadt­ein­wärts auf der Flä­che eines ehe­ma­li­gen rück­wär­ti­gen Gara­gen­ho­fes — noch nach alter Geset­zes­la­ge geneh­migt. Dort dürf­ten eigent­lich fast nur neue Bewoh­ner ein­zie­hen, die über kein Auto ver­fü­gen, weil im Umkreis an der Oslebs­hau­ser Heer­stra­ße eher kein frei­er Park­platz zu fin­den sein wird, denn Par­ken zwi­schen den Bäu­men ist ja ille­ga­les Par­ken auf einer Grünfläche.

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