Beiratssitzung vom 20.02.2015 zur Umnutzung Am Fuchsberg

Der Stadt­teil­bei­rat stimm­te auf die­ser Sit­zung mit den Gegen­stim­men von DIE LINKE der Umnut­zung eines der bei­den Gebäu­de des bis­he­ri­gen Frau­en­ge­fängs­nis­ses zu einer Nut­zung im Rah­men der Jugend­hil­fe zu. Dafür wird das Gebäu­de vom Gelän­de der JVA abge­trennt, ent­spre­chend ent­wid­met und bekommt einen sepa­ra­ten Zugang in der Zaun­an­la­ge auf der Sei­te des Bahn­damms. DIE LINKE war gegen eine geschlos­se­ne Unter­brin­gung gegen den Wil­len der Jugend­li­chen — auch wenn er nur dem Selbst­schutz dient.

Die Ent­schei­dung war nicht leicht — aber die Alter­na­ti­ve nicht zu han­deln, ist kei­ne Alter­na­ti­ve. Es bedarf in Bre­men eines Objekts, in der über eine inten­siv-päd­ago­gi­sche Betreu­ung hin­aus eine zeit­wei­se zwangs­wei­se Unter­brin­gung von Jugend­li­chen zum Schutz vor der All­ge­mein­heit und zum Selbst­schutz mög­lich ist. Ein dafür geeig­ne­tes Objekt ist nur schwer zu fin­den und inso­fern ist es ver­ständ­lich, das man auf das Haus Am Fuchs­berg kommt, dass mit bis zu 20 bau- und feu­er­tech­nisch abge­nom­me­nen Plät­zen und den Fens­tern sowie der Zaun­an­la­ge bereits Bedin­gun­gen erfüllt, die man andern­orts nicht fin­den wird.

Was man zu der Unter­brin­gung noch wis­sen muss:

  • In den Frei­gän­ger­häu­sern der JVA Am Fuchs­berg sind ca. 70 Frei­gän­ger unter­ge­bracht. D.h. das sind Men­schen die tat­säch­lich Stra­fen began­gen haben, die zu einem Gefäng­nis­auf­ent­halt geführt haben und die jetzt mit z. B. einer exter­nen Arbeits­stel­le in der Vor­be­rei­tung auf die Ent­las­sung sind. Von denen geht seit Jah­ren kei­ne Gefahr für die Anwoh­ner Am Fuchs­berg aus (natür­lich muss die­ser Täter­kreis abends wie­der im Knast sein, was hier somit nicht ganz ver­gleich­bar ist).
  • Bei den hier unter­zu­brin­gen­den Jugend­li­chen hat ein Gericht die­se Schwe­re der Tat nicht als gege­ben beur­teilt. Es gibt auch Jugend­li­che, die das Gericht zu einer Gefäng­nis oder zur Unter­su­chungs­haft ver­ur­teilt und die dann hin­ter Mau­ern in Gewahr­sam genom­men werden.
  • Nur auf rich­ter­li­che Anord­nung hin kann die Bewe­gungs­frei­heit ein­ge­schränkt wer­den. D.h., auf Antrag des i.d.R. Amts­vor­mun­des des Jugend­li­chen ent­schei­det das Fami­li­en­ge­richt nach dem Jugend­recht oder dem § 1631b BGB , ob, wie lan­ge oder mit wel­chen Auf­la­gen die Frei­heit ein­ge­schränkt wird. Es wird also nicht jeder Am Fuchs­berg zuge­ord­ne­te Jugend­li­che wider Wil­len fest­ge­hal­ten wer­den können.
  • Die Ein­rich­tung ist nicht nur für die der­zeit im Fokus ste­hen­de klei­ne Anzahl (ca. 10 Per­so­nen) der unbe­glei­te­ten min­der­jäh­ri­gen Flücht­lin­ge gedacht. Für jugend­li­che Extrem­fäl­le soll es bun­des­weit nur ca. 400 Plät­ze geben. Bre­men ver­füg­te bis­lang über kei­ne eige­ne Ein­rich­tung und muss­te auch deutsch­stäm­mi­ge Jugend­li­che in ande­ren Bun­des­län­dern unter­brin­gen. Manch­mal dau­ert es bis zu 9 Mona­ten, bis ein Platz frei ist.
  • Die ohne Aus­weiss­pa­pie­re ankom­men­den unbe­glei­te­ten min­der­jäh­ri­gen Flücht­lin­ge wer­den bei der Ankunft erken­nungs­dienst­lich behan­delt (Fin­ger­ab­drü­cke) und auch vom Gesund­heits­amt wird eine Ein­schät­zung abge­ge­ben, ob die Alters­an­ga­be mit der Per­son über­ein­stim­men kann.  Das ist aber rechts­si­cher schwer ein­zu­schät­zen und so kann es sein, das sich Flücht­lin­ge jün­ger machen als sie tat­säch­lich sind.
  • Ins­ge­samt berei­tet nur ein klei­ner Teil der unbe­glei­te­ten min­der­jäh­ri­gen Flücht­lin­ge so gro­ße Pro­ble­me — in Zah­len ca. 1 — 2 %. Der­zeit (!) sind es oft Stra­ßen­kin­der aus Nord­afri­ka, die bis­lang kei­ne Wer­te und Nor­men ken­nen und für die z. B. Dieb­stahl bis­her nor­mal war um zu über­le­ben. Ein hoher Anteil ist mehr oder weni­ger dro­gen­ab­hän­gig (Can­na­bis, Alko­hol, Schmerz­mit­tel, im Ein­zel­fall noch här­ter). An die­se Jugend­li­che ist ohne Ent­zug nicht her­an­zu­kom­men — der Ent­zug der Frei­heit dient hier also auch zum Selbst­schutz. Die Ein­rich­tung Am Fuchs­berg soll eng mit Dro­gen­kli­ni­ken oder auch psy­cha­tri­schen Ein­rich­tun­gen zusammenarbeiten.

In Groß­städ­ten wie Bre­men kom­men sehr vie­le unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Flücht­lin­ge an, die nicht wie erwach­se­ne Flücht­lin­ge nach dem soge­nann­ten “König­stei­ner Schlüs­sel” auf alle Län­der auf­ge­teilt wer­den. So kommt es, das 2014 Bre­men allein mehr die­ser Flücht­lin­ge auf­ge­nom­men hat als Sach­sen, Sach­sen-Anhalt, Thü­rin­gen, Bran­den­burg und Meck­len­burg-Vor­pom­mern zusam­men. Zukünf­tig soll durch eine Geset­zes­än­de­rung auf Bun­des­ebe­ne auch der o.g. Schlüs­sel ange­wandt wer­den, der bedeu­tet, das Bre­men nur etwas unter 1 % der bun­des­wei­ten Flücht­lin­ge auf­neh­men müss­te. Ob die­se Geset­zes­än­de­rung noch 2015 in Kraft tritt, ist der­zeit unklar. Ende März 2015 soll ein Geset­zes­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung vorliegen.

Län­ger­fris­tig ist geplant die Ein­rich­tung auf das Gelän­de der ehe­ma­li­gen Jugend­voll­zugs­an­stalt an der Carl-Kroh­ne-Str. zu ver­le­gen. Das wird aber mit den übli­chen bau­li­chen Vor­lauf­zei­ten wohl rela­tiv sicher nicht mehr 2015 der Fall sein. Und ggf. ist das The­ma mit der gerech­te­ren Ver­tei­lung auch der unbe­glei­te­ten min­der­jäh­ri­gen Flücht­lin­ge auch zukünf­tig nicht mehr so dring­lich, weil sich damit auch die Anzahl der heu­ti­gen Fäl­le erheb­lich redu­ziert und man dann eine ande­re bau­li­che Lösung findet.

Wie geschrie­ben ein schwie­ri­ges The­ma für den Stadt­teil­bei­rat. Aber Nichts­ma­chen heisst, das die Jugend­li­chen wei­ter wie bis­her agie­ren. D.h. im Zwei­fel vor dem Hin­ter­grund der Dro­gen­sucht und bis­her nicht auf­ge­zeig­ter Gren­zen und Wer­te & Nor­men wei­ter im Stadt­ge­biet — und somit vllt. auch in Grö­pe­lin­gen! — Dieb­stäh­le o.ä. bege­hen, bis sie dann eben im Gefäng­nis lan­den. Da es stadt­weit kein geeig­ne­te­res Gebäu­de gibt, kann man in der gesell­schaft­li­chen Ver­ant­wor­tung letzt­lich die Nut­zung des Gebäu­des Am Fuchs­berg nicht ablehnen.

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