Absage der Dekarbonisierung der Hütten schwerer Schlag für Beschäftigte und Klima
Man konnte es schon länger erahnen wenn man das Thema verfolgt hat. Die niedersächsische Salzgitter AG etwa stellt in einem gedrittelen Stufenplan ihre Produktion mit DRI und EAF’s um. Das erste Drittel soll bereits im ersten Halbjahr 2027 in den Produktionsstart gehen. Dann hält man erstmal inne und schaut sich die Lage an. Man hat dann alle Optionen:
- Man wertet die erste Umstellung aus und erhofft sich Verbesserungen und weniger Kosten bei der weiteren Umstellung
- Man stellt das zweite und dritte Drittel (erstmal) nicht weiter um. Wobei das derzeit nicht das Ziel ist wegen komplizierter Doppelstrukturen auf dem Gelände.
- Man kauft direktredziertes Eisen bei seinem Hauptlieferanten LKAB — ein schwedischer Staatskonzern — ein. Denn Schweden hat günstigen Strom aus Wasserkraft, auf den auch viele Deutsche Versorger zugreifen. Schweden behält den dann teilweise im Land und macht eben DRI draus. Wie die Chinesen nicht nur mehr Stahl in die EU liefern, sondern Stahl in Form von fertigen Produkten wie Elektroautos. Produktion geht dahin wo sie — inkl. Transportkosten — am günstigsten ist.
- Man stellt DRI in Deutschland dort her wo es Wasserstoff gibt — falls keine Leitung nach Salzgitter kommt. Z.B. in der Nähe der LNG-/Wasserstoffterminals in Wilhelmshaven. Oder man verlagert auch die EAF’s dorthin wo es günstigen Strom gibt. Etwa auch an die Nordseeküste, falls die Stromleitungen nach Salzgitter nicht die Kapazitäten haben.
Dazu ist die Salzgitter AG gezielt dabei über ihr Tochterunternehmen Deutsche Metallunion Schrottmengen im Markt zu sichern. Es hat sogar vor kurzem ein nicht wirksam gewordenes Übernahmeangebot von der auch im Industriehafen ansässigen TSR Recycling für die Salzgitter AG gegeben. Und man kauft für den EAF gezielt Strom aus Erneuerbaren Energien ein — etwa von der Bremer Energiekontor AG, die die Leistung eines 60 MW Solarpark in Mecklenburg-Vorpommern komplett für 15 Jahre an die Salzgitter AG verkauft hat. Dazu schreibt die Salzgitter AG aktuell Liefermengen für weitere Erneuerbare Energien und für den Betrieb eines Groß-Elektrolyseurs auf ihrem Firmengelände aus. SO GEHT DIE GESTALTNUNG DER ZUKUNFT!
Man muss bedenken, das man solche DRI- und EAF-Anlagen zeitlich nicht in einem Jahr bauen kann. Und man braucht ja sowieso die Firmen die das bauen können. Deren Auftragsbücher sind schon gut gefüllt. Ergo muss man als Stahlunternehmen heute in das Risiko gehen — sonst schafft man es zeitlich einfach nicht. Daher ist die Entscheidung von Arcelor Mittal vllt. sehr kurzsichtig. Gerade wenn man bedenkt, das die kostenlose Zuteilung von CO2-Verschmutzungszertifikaten ab 20230 ein Ende hat und dann die Produktion einer Tonne Stahl in der Hochofenroute um mehrere hundert Euro teurer werden könnte. Gibt es dann einen wirksamen Importschutz auch gegen Betrugsversuche aus Asien (CBAM), dann wird es wohl im Verlauf des nächsten Jahrzehnts unmöglich in der EU auf der Hochofenroute noch Stahl produzieren zu können.
Erstmal kein guter Tag für Bremen und für Gröpelingen. Ob Arcelor-Mittal alternativ zusammen mit der swb Gruppe jetzt die von denen angekündigte CO2-Abscheidung,Verschiffung und Verpressung in Nordeuopa anstrebt, das wird man abwarten müssen. Besser wäre das sicherlich nicht.
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