Beiratssitzung vom 11.09.2019 — Teil 2

Bei­rats­po­li­tik ist auch lehr­reich. Ähn­lich wie “die gro­ße Poli­tik” muss ein ver­ant­wor­tungs­vol­ler Bei­rat die Inter­es­sen aller Bür­ger des Stadt­teils im Blick haben. 

Wir hat­ten hier zum The­ma bereits geschrie­ben und beschrän­ken uns daher auf die neu­en Erkennt­nis­se der Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung des KENOW-Ver­bun­des und der swb.

Der gesam­te Anfall in der Nord-West-Regi­on wird mit ca. 400.000 Ton­nen getrock­ne­nen Klär­schlamm ange­ge­ben. Die geplan­te Anla­ge im Indus­trie­ha­fen soll ca. die Hälf­te des Anfalls im Nord­wes­ten auf­neh­men. Ca. 40 % der Kapa­zi­tät kom­men dann aus Bre­men, ca. 30 % vom OOWV und EWE und ca. 30 % von wei­te­ren Ent­sor­gern aus der Regi­on. Die Dif­fe­renz ent­fällt zum Groß­teil auf klei­ne­re Klär­an­la­gen < 100.000 bzw. vllt. auch 50.000 Ein­woh­ner­wer­ten, die auch noch eini­ge Jah­re mehr bzw. in Zukunft ihren Klär­schlamm auf Äckern ent­sor­gen dür­fen. WENN sie eine Flä­che fin­den, was beim zuneh­men­den Druck auf die Dün­ger­aus­brin­gung noch schwie­ri­ger wer­den dürf­te. Es kann also gut sein, das im Lau­fe der nächs­ten Jah­re noch eine wei­te­re Klär­schlamm­ver­bren­nungs­an­la­ge im Nord­wes­ten ent­steht. Jahr­zehn­te­lang hat ja auch Bre­men es sich ein­fach gemacht und den Klär­schlamm im Umland auf Fel­dern aufgebracht.

Wie man den Zei­tun­gen ent­neh­men konn­te, ent­sor­gen die Stadt­wer­ke Del­men­horst ihren Klär­schlamm bereits heu­te über die Mit­ver­bren­nung im Müll­heiz­kraft­werk in Findorff/Horn. Auch Han­se­was­ser ver­brennt dort ca. 15 % des Klär­schlamms. Wer noch zulie­fert und wie­viel Klär­schlamm bereits heu­te mit­ver­brannt wird, das blieb unklar. Dito wel­che Fol­gen der Weg­fall des Klär­schlamms für das Müll­heiz­kraft­werk hat.

Die Aschen aus der Ver­bren­nung sol­len für ca. 3 — 5 Jah­ren auf der Block­land­de­po­nie zwi­schen­ge­la­gert wer­den, wie es bereits seit etli­chen Jah­ren mit der Asche aus der Mono­ver­bren­nungs­an­la­ge in Ham­burg pas­siert. Die Block­land­de­po­nie ist in ver­schie­de­ne Berei­che — Haus­müll, Bau­schutt, wie­der abzu­trans­por­tie­ren­de Aschen — ein­ge­teilt. Man kann das wohl nicht in Zusam­men­hang mit dem Kapa­zi­täts­en­de der Depo­nie in eini­gen Jah­ren für den Haus­müll brin­gen. Evtl. steht ja eine klei­ne Erwei­te­rung der Depo­nie in Rich­tung Wal­ler Feld­mark­see an, bevor im Umland eine ganz neue Depo­nie enste­hen muss, weil Bre­men selbst kei­ne Flä­che dafür findet.

Wenn eine Anla­ge zur Phos­phor­ge­win­nung fer­tig ist, dann wer­den die Aschen dort­hin trans­por­tiert. Nach der Phos­phor­ab­tren­nung wer­den die Aschen unter der Erde (Berg­werks­stol­len) depo­niert; es ist kein Rück­trans­port nach Bre­men vorgesehen.

Die zusätz­li­chen LKW-Trans­por­te durch die Anla­ge sind ver­nach­läs­sig­bar ange­sichts des Ver­kehrs auf der Hafen­rand­stra­ße. Die Pla­ner geben eine Zunah­me um 0,3 % an. Zu beden­ken ist, das der­zeit der 5. Bau­ab­schnitt des Bre­mer Indus­trie­parks in Umset­zung und der letz­te 6. Bau­ab­schnitt in der Pla­nung ist. Dito dürf­ten Flä­chen an der Hüt­ten­stra­ße wie­der reak­ti­viert wer­den. Das alles bringt wesent­lich mehr LKW-Ver­kehr, rela­tiv egal wel­che Fir­men sich dort eines Tages ansie­deln werden. 

Die Stein­koh­le im Block 6 des Hafen­kraft­werkes wird aus Russ­land und den USA antrans­por­tiert. Eine Anlie­fe­rung selbst aus Aurich ist im Ver­gleich dazu qua­si neben­an. Der Ver­tre­ter der swb sag­te, das der Block 6 spä­tes­tens im Jahr 2025 außer Betrieb geht. Einen Kauf durch einen ande­ren Betrei­ber schloss er aus. Im Block 6 sind der­zeit 70 Mit­ar­bei­ter beschäf­tigt. Die Klär­schlamm­ver­bren­nungs­an­la­ge wür­de 20 Arbeits­plät­ze bieten.

Das Fern­wär­me­netz im Bre­mer Wes­ten hat kei­ne Ver­bin­dung zu einem ande­ren Fern­wär­me­netz. Der­zeit wird es mit dem Mit­tel­ka­lo­rik­kraft­werk und dem Block 6 betrie­ben. Das MKK allein könn­te nicht aus­rei­chend Fern­wär­me gene­rie­ren. 2.900 4‑Per­so­nen-Haus­hal­te sol­len mit der Fern­wär­me (der neu­en Anla­ge?) ver­sorgt wer­den. Stellt man sich vor, das alle an das Fern­wär­me­netz ange­schlos­se­nen Häu­ser ein­zel­ne Gas­eta­gen­hei­zun­gen instal­lie­ren müss­ten, dann wür­den wohl deut­lich mehr Emis­sio­nen aus­ge­sto­ßen wer­den. Der Hor­ror der Umwelt­be­hör­de sind die pri­va­ten Kami­ne, in denen ggf. unsach­ge­mäß Holz oder vllt. noch ande­re Din­ge ver­brannt wer­den, und die die Emis­sio­nen dann stark über­pro­por­tio­nal stei­gen las­sen. Ganz abge­se­hen vom enor­men finan­zi­el­len Auf­wand für vie­le Haus­hal­te im Bre­mer Wes­ten. Ein ganz wich­ti­ger Punkt.

Die Arbeits­zeit in der Anla­ge soll von 6 — 22 Uhr lie­gen. Der Geneh­mi­gungs­an­trag wird wahr­schein­lich in ca. 2 Wochen beim Gewer­be­auf­sichts­amt gestellt. Es gibt dann im wei­te­ren Ver­lauf das übli­che gesetz­li­che Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren, in dem auch der Stadt­teil­bei­rat betei­ligt wird und eine Stel­lung­nah­me abge­ben muss.

Es wird der­zeit nicht davon aus­ge­gan­gen, das der Bau der Anla­ge höhe­re Abwas­ser­ge­büh­ren ver­ur­sacht. Weil die Ent­sor­gungs­la­ge der­zeit kri­tisch und dadurch mit hohen Kos­ten ver­bun­den ist, die mit dem Bau der Anla­ge wegfallen.

WIR GRÜNEN haben uns schon immer klar posi­tio­niert: Klär­schlamm gehört nicht auf Acker­flä­chen! Die der­zei­ti­ge bun­des­ge­setz­li­che Rege­lung geht inso­weit nicht weit genug, in dem sie klei­ne­ren Klär­an­la­gen wei­ter die Aus­brin­gung auf Acker­flä­chen ermög­licht. Wobei das im Nod­wes­ten ggf. immer schwie­ri­ger wer­den wird.

Ein Trans­pa­rent aus dem Publi­kum kam bei uns sehr gut an: “Denkt an unse­re Kin­der”. Genau das machen wir und sind daher für die­se Anlage.

Die Anla­ge ermög­licht u.a.:

  • Erheb­lich weni­ger Ver­kehr dadurch, das heu­ti­ge Trans­por­te von Klär­schlamm zu weit ent­fern­ten Ver­bren­nungs­stel­len oder Äckern nicht mehr not­wen­dig sind.
  • Die Auf­recht­erhal­tung der Fern­wär­me­ver­sor­gung im Bre­mer Wes­ten ohne die dau­er­haf­te Nut­zung von Koh­le oder Gas als Haupt­quel­len. Dadurch Ver­mei­dung von zusätz­li­chen Emis­sio­nen durch Einzelanlagen.
  • Sieht man den Klär­schlamm alter­na­tiv zur Stein­koh­le, dann ver­rin­gern sich die Trans­port­we­ge auf der Beschaf­fungs­sei­te dras­tisch, weil das Brenn­gut dann von vor Ort bzw. aus der Regi­on kommt und nicht mehr aus Russ­land bzw. den USA.

Man kann dann die Inbe­trieb­nah­me auch mit der Auf­ga­be der Stein­koh­le­ver­bren­nung am Stand­ort sehen. Das Kraft­werk in Far­ge ist an einen US-Kon­zern ver­kauft wor­den, auch die Braun­koh­le­kraft­wer­ke in Sach­sen betrei­ben Aus­län­der. Der Wir­kungs­grad der Block 6 erreicht aller­dings trotz Refit-Maß­nah­me wohl bei wei­tem nicht den des Kraft­wer­kes in Far­ge. Den­noch bleibt eine Unsi­cher­heit. Mit der Anla­ge könn­te der Betrei­ber immer­hin 20 der 70 heu­ti­gen Mit­ar­bei­ter wirt­schaft­lich wei­ter­be­schäf­ti­gen. Und es ist von Vor­teil, wenn die Regi­on einen eige­nen Ener­gie­ver­sor­ger hat und kei­ne Fir­ma, in der wich­ti­ge Ent­schei­dun­gen in Über­see fallen.

Wenn man das dann mit ein­be­zieht, dann wür­den sich bei einer Still­le­gung auch des gro­ßen Blocks 6 des Hafen­kraft­werks die Emis­sio­nen des Stand­or­tes extrem ver­rin­gern, wie auf der Ver­an­stal­tung anschau­lich dar­ge­stellt wurde:

Wir tei­len durch­aus die Beden­ken aus dem Publikum.

WIR GRÜNEN GRÖPELINGEN hat­ten bei der Geneh­mi­gung der Bio­ab­fall­um­schlags­an­la­ge Auf­la­gen wie eine gekap­sel­te Tor­zu­fahrt gefor­dert, die unver­ständ­li­cher­wei­se die ande­ren Bei­rats­frak­ti­on abge­lehnt haben. Die Hal­le ist dann so geneh­migt worden.

WIR GRÜNEN GRÖPELINGEN haben die Bür­ger­initia­ti­ve über den Rechts­rah­men von 1921 im Indus­trie­ha­fen­ge­biet infor­miert und einen Antrag im Sin­ne der Initia­ti­ve im Aus­schuß vor­ge­legt und eine Debat­te mit den Behör­den­ver­tre­tern geführt.

WIR GRÜNEN GRÖPELINGEN machen auf den zur Zeit in der Bear­bei­tung befind­li­chen Bebau­ungs­plan 2434 auf­merk­sam, der das Gebiet zwi­schen Am Pul­ver­berg und Till­mann­stra­ße ab 200 Metern zur Wohn­be­bau­ung in ein offi­zi­el­les Indus­trie­ge­biet ändern will. Das geht über­haupt nicht und ist eine Ver­sün­di­gung an Oslebs­hau­sen! Nach Ein­schät­zung unse­res seit dem Jahr 2002 Jahr im Bei­rat ver­tre­te­nen Die­ter Stein­feld wäre das die fol­gen­reichs­te Nega­tiv­ent­schei­dung in sei­ner bis­he­ri­gen Ehren­amts­zeit. Wir hof­fen hier wei­ter auf brei­ten Pro­test aus dem Stadtteil.

Wei­te­re Punk­te wären evtl. Prü­fun­gen der recht­li­chen Mög­lich­kei­ten ggü. den Lärm­wer­ten der Fa. TSR Recy­cling, mehr Car­sha­ring­sta­tio­nen, Las­ten­rä­der­sta­ti­on, ein Quar­tiers­bus, Baumanpflanzungen … . 

Die Klär­schlamm­ver­bren­nungs­an­la­ge ist nicht der geeig­ne­te Ansatz­punkt, weil die Anla­ge gera­de im Sin­ne der Anwoh­ner dazu bei­trägt, die Emis­sio­nen (erheb­lich) zu ver­rin­gern. Wir hof­fen, das sich die­se Erkennt­nis im Antrags­ver­fah­ren noch wei­ter durchsetzt. 

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