Heute am 03.12.2020 gibt es einen Kurzbericht und ein Interview im Stadtteilkurier West mit dem Sprecher der Bürgerinitiative Oslebshausen zur möglichen (!) Ansiedlung einer Bahnwerkstatt. Dies veranlasst unseren Fraktionssprecher Dieter Steinfeld dann doch zu einer persönlichen Gegenrede.
Es ist schon erstaunlich, mit wie wenig Wissen von der Bürgerinitiative Dinge in die Welt gesetzt werden. Als Beiratsmitglied komme ich mir vor wie ein Fußballspieler, der sich auf dem Feld abrackert. Und wo dann Zuschauer von der Tribüne rufen: “Was für eine Pfeife! — Mach den doch rein! — Die Bude mache ich doch mit verbundenen Augen! — Jetzt lauf doch mal!” 😉
Fakt ist, das vor der Beiratswahl 2019 mehrere Parteien Mitgliedern der Bürgerinitiative angeboten haben auf ihren Listen zu kandidieren. Damit sie ihre Anliegen effektiv einbringen können. Das haben sie nicht gemacht. Bis auf einige Beiratsmitglieder vorwiegend der SPD, die bereits vorher in der Bürgerinitiative mitgemacht haben. Jetzt schlechter informiert von der Seite aus reinzurufen und den Beiratsmitgliedern Ahnungslosigkeit vorzuwerfen, das ist schon ein starkes Stück.
Als Beiratsmitglied muss man eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschreiben, da man auch einige Dinge erfährt, die nicht in die Öffentlichkeit kommen sollen. Bzw. zu diesem Zeitpunkt nicht in die Öffentlichkeit sollen. Weil z.B. Rechtsgüter von Personen oder Unternehmen Schaden nehmen könnten. Oder weil der Gegenüber das einfach so will. Hält man das nicht ein, dann kann man vor Gericht gestellt werden. Man ist deswegen aber nicht doof.
Heute gibt es eine Deputationsvorlage, die den aktuellen Sachstand zusammenfasst: https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZe40-Q2H2p0gZL573Wpj2QrEdFrdd0AecaN73iJ4MrIG/Teil_A_L_BdV_Eisenbahnwerkstatt_Oslebshausen.docx.pdf
Wir leben in einem freien Land. Da kann jeder Privatbürger und auch jedes Unternehmen Planungen anstellen und Auskünfte bei Behörden zu möglichen Planungen einholen. Das kann der Staat nicht verbieten. Im März 2021 wird es eine Entscheidung geben, welcher Auftragnehmer von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen/Bremen (LNVG) den Zuschlag bekommen hat. DANN ist es Zeit sich mit dem Thema näher zu befassen. Möglicherweise wird der Sieger der Ausschreibung die Dienstleistung des bisherigen Werkstattpersonals in Anspruch nehmen und gar keine eigene Werkstatt aufbauen. Dann geht diese vielleicht auch gute Chance möglicherweise an Oslebshausen vorbei.
Ich kenne privat einige Leute, die über die Zugverbindungen innerhalb Bremens und mit dem Umland unzufrieden sind. Die stehen morgens z.B. in Burg und wollen nach Farge, und der Zug fährt nicht oder er ist voll. Oder die wohnen in OHZ und fahren täglich mit dem Auto auch durch Oslebshausen, weil die Bus- und Zugverbindungen zu schlecht sind. Will man also die Luftverschmutzung durch den Autoverkehr auch in Oslebshausen verringern, brauchen wir auch attraktivere und öfter fahrende Zugverbindungen. Dafür sollen die Doppelstock-Triebwagen angeschafft werden. Das ist im Grunde auch für Oslebshausen positiv.
Jetzt geht es um die Ansiedlung einer Bahnwerkstatt. Eine Ansiedlung im Knotenpunkt Bremen macht Sinn, weil hier alle Züge auch fahren. Bei einer Ansiedlung z.B. in Bremerhaven müssten Züge die gar nicht nach Bremerhaven fahren, sehr weite Strecken fahren. Die Argumentation der Bürgerinitiative mit Leerfahrten ist also “völliger Humbug”. In Bremen stehen mehrere mögliche Flächen zur Auswahl. Laut der DB Netz wäre eine Abwicklung über den Bahnhof Inlandshafen von den Kapazitäten auf der Strecke Haupfbahnhof <-> Oslebshausen möglich — diese Frage hat der Stadtteilbeirat natürlich mit als erstes an die LNVG gestellt. Der Engpaß entsteht durch das fehlende dritte Gleis Richtung Burg, das unser verstorbenes Beiratsmitglied Helmut Kasten schon vor vielen Jahren als notwendig angemahnt hat. Dafür soll es zeitnah eine Machbarkeitsstudie geben und die Abfrage der Anforderungen haben wohl diesen Herbst bereits stattgefunden, wozu der Stadtteilbeirat im September auch einen Beschluss gefasst hatte.
Dann kann es sein, das es zu einem Ansiedlungswunsch auf dem Gelände der Reitbrake kommt. Was war da vorher und was ist da heute?
Bis vor einigen Jahren wurden an der Stelle Erdmengen auf großen Haufen abgelagert. Deren Herkunft war dem Stadtteilbeirat unklar und es gab bei trockenem Wetter eine massive Staubentwickung zur Wohnanlage Wohlers Eichen mit Beschwerden von dort. Der Stadtteilbeirat hat sich eingeschaltet und eine Einstellung der Ablagerung erreicht. Einige Haufen aus der Zeit lagern dort allerdings noch und sind mit Planen überdeckt. Unbedenklich — ???
Heute gibt es dort u.a. eine Gartenbaufirma aus Bremen-Nord, die dort offenbar größere Mengen an Schotter etc. umschlägt und auch große Baufahrzeuge im Einsatz hat. Es gibt von einer anderen Firma Containerabladungen etc.. Die Hafenbahn selbst hat dort ein Materillager. Es geht von dem Gelände heute also vielleicht sogar mehr Lärm und Staub aus, als wenn dort eine Bahnwerkstatt in völlig geschlossener Halle wäre.
In der Deputationsvorlage oben wird richtig geschrieben, das es schon seit Jahrzehnten eine Abstellanlage An der Finkenau gibt. Diese wurde in den letzten Jahren nur weniger benutzt. Sie könnte aber jederzeit wieder bestimmungsgemäß genutzt werden und es bedarf dazu keiner nochmaligen Genehmigung.
Man muss davon ausgehen, das die freien Flächen im Industriehafen und umzu — das sind noch viele hunderttausende Quadratmeter — in den nächsten Jahren und Jahrzehnten durch neue Firmenansiedlungen genutzt werden. Denn mit der Fertigstellung des Wesertunnels und der Verbindung zum weitestgehend ausgenutzem Güterverkehrszentrum ergibt sich eine völlig neue Attraktivität. Auch werden vorhandene private Flächen anders genutzt werden. Das kann auch bedeuten, das die Hafeneisenbahn und evtl. auch die o.g. Gleisanlagen verstärkt wieder durch Güterwaggons genutzt werden, die die neuen Firmen anfahren.
Es kann sogar bedeuten, das sich z.B. eine Speditionsgesellschaft auf dem Gelände an der Reitbrake ansiedeln möchte, die dort Güterwaggons von der Schiene auf LKW und umgekehrt umlädt! Möchte das die Bürgerinitiative lieber?
Der Stadtteilbeirat Gröpelingen muss diese auf ihn in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zukommenden Ansiedlungspläne jeweils klug abwägen. Sich gegen alles und alle zu veweigern, das wird keinen Erfolg haben. Es geht darum, möglichst wenig störende Ansiedlungen zu erreichen.
Ich als Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN habe maßgeblich verhindert, das auf der Deputationssitzung im Juni 2020 der ungeplante Innenbereich um die Riedemannstraße in ein Industriegebiet umgewandelt wird, wie es eine Vorlage hinter dem Rücken des Beirates vorsah. Auch 2019 habe ich das bereits federführend mit Unterstützung aller anderen Beiratsmitglieder im Stadtteilbeirat verhindert, als es eine erste Planung dafür gab. Das wäre eine Versündigung an der Zukunft Oslebshausens gewesen.
Eine mögliche Ansiedlung einer Bahnwerkstatt an der Reitbrake muss dies in Abwägung zu anderen möglichen zukünftigen Nutzungen keineswegs sein. Es kommt auf die Ausgestaltung an. Dafür ist es noch zu früh, weil es noch keine Entscheidung gibt, welche Firma die Züge liefert und die Bahnwerkstatt zu errichten hat. Wir haben uns als Stadtteilbeirat über die Ausschreibungsbedingungen mit der LNVG ausgetauscht. Reinigungen und kleinere Reparaturen würden in einer Halle stattfinden. Es gibt nur einen elektrischen Fahrbetrieb. Die Personenzüge sind heute auf der Strecke fast nicht zu hören — im Gegensatz zu Güterwaggons. In welchem Umfang es zu Abstellungen von Fahrzeugen im Bereich An der Finkenau kommen würde, das ist noch offen. Vllt. ergibt sich durch neue Baumaßnahmen auch die Chance, das man den Lärmschutz auch An der Finkenau erhöhen könnte, wozu man jetzt bei der seit Jahrzehnten planfestgestellten Anlage gar keine Möglichkeit hat?
Das allgemeine “Oslebshausen- und Gröpelingen Bashing” ist auch einfach falsch und schwer zu ertragen.
- Durch massive Investitionen von z.B. Arcelor Mittal haben sich Emissionen stark verringert
- Die Luftschadstoffmessungen um den Industriehafen haben keine Auffälligkeiten ergeben. Problembereiche in Bremen sind die Straßen mit starkem Autoverkehr wie Am Dobben. Oder man stelle sich einmal an die Kattentumer Heerstraße im Vergleich zur Oslebshauser Heerstraße — ich habe das vor Jahren gemacht
- Diese Woche gab es die Meldung über die endgültige Abschaltung des Kohlekraftwerkes im Hafen
- Es gibt zu normalen Tageszeiten eine sehr gute Busanbindung in Oslebshausen an das Depot in Gröpelingen. Und auch von dem vor einigen Jahren von Grund auf renovierten Bahnhof Oslebshausen zum Hauptbahnhof
- Mit dem Wesertunnel wird der Auto- und LKW-Verkehr vom GVZ aus durch den Stadtteil reduziert
- Wenn mehr Menschen mit dem Zug fahren würden, verringert auch das die Emissionen im Stadtteil. Genau dafür bedarf es aber auch einer Bahnwerkstatt.
- Z.B. auf der öffentlichen Videokonferenz des Bildungsausschusses am 18.11.2020 konnte sich jeder über die enormen Investitionen in die Bildungseinrichtungen auch in Oslebshausen informieren. Auch im KiTa-Bereich geschieht einiges. Im Turnhallenbereich kommt man jetzt entscheidend voran mit den Neubauten im Stadtteil — jahrelang ein kritischer Punkt
- Man kann in Oslebshausen bei Aldi, Penny, ReWe und bald EDEKA in modernen Geschäften einkaufen. Das gab es vor 20 Jahren so nicht. Natürlich wäre eine Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes auch auf der Seite von Wohlers Eichen gut — war aber leider nicht zu erreichen. Der Beirat unterstützt das SANDER-Center wo es geht. In einigen Jahren kommt wahrscheinlich ein neuer großer Baumarkt nach Oslebshausen
- Der Oslebshauser Park ist erweitert worden und ist größer als z.B. der Waller Park. Demnächst werden dort erneut über 1 Millionen Euro investiert
- Gröpelingen hat den grössten Etat aller Stadtteile für die Offene Jugendarbeit
- Auch in Oslebshausen sind schöne Seniorenwohneinrichtungen enstanden, so das ältere Menschen im gewohnten Umfeld bleiben können
- An der Grenze zu Oslebshausen gibt es mit dem DIAKO ein großes modern gehaltenes Krankenhaus mit z.B. auch einer Dialysestation und selbst für viele Krankheiten kann man somit im Stadtteil bleiben
- … ich könnte fast endlos fortfahren, wie sich Oslebshausen in den letzten Jahren und Jahrzehnten positiv entwickelt hat.
Warum reden hier wohnende oder hergezogene Menschen mit soviel Leidenschaft den Ortsteil schlecht?
Wenn die meinen es ist in Schwachhausen — wo ja heute z.B. die Bahnwerkstatt unmittelbar Am Barkhof an den Häusern ist! — soviel besser oder da schaut die Bremer Politik mehr hin, warum ziehen sie dann nicht dort hin?
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Google Maps Foto der heutigen Bahnwerkstatt in Schwachhausen unmittelbar an Wohnhäusern